Du stehst als Unternehmer morgens auf und hast schon zehn Dinge auf der To-do-Liste, bevor Du überhaupt ins Büro kommst. Zwischen Kundenanfragen, Mitarbeitergesprächen und operativen Feuerwehreinsätzen bleibt kaum Zeit zum Durchatmen, geschweige denn für strategische Überlegungen. Die Frage nach der richtigen Unternehmensstrategie schwebt zwar permanent im Hintergrund, wird aber immer wieder von dringenden Tagesaufgaben verdrängt.

Dabei ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen mit 5-20 Mitarbeitenden eine klare Strategie überlebenswichtig. Denn ohne strategischen Kompass droht Dein Unternehmen in der Hektik des Alltags vom Kurs abzukommen.

In diesem Artikel erfährst Du:

  • Warum herkömmliche Strategiemethoden für KMUs oft nicht funktionieren
  • Was der systemdynamische Ansatz zur Strategiefindung bietet
  • Wie Du mit systemischen Aufstellungen verborgene Potenziale und Blockaden erkennst
  • Welche praktischen Schritte Dich zur optimalen Strategie führen
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Warum klassische Strategiemethoden für KMUs oft scheitern

Die Realität im Mittelstand? Große Strategiekonzepte wie die SWOT-Analyse, die BCG-Matrix oder die Five-Forces-Analyse von Porter sind bekannte Tools, doch in der Realität kleiner Unternehmen oft schwer anwendbar. Warum?

  • Zeitproblem: Als Unternehmer mit 5-20 Mitarbeitenden bist Du häufig gleichzeitig Geschäftsführer, Vertriebsleiter und manchmal sogar IT-Support. Für aufwändige Strategieprozesse fehlt schlicht die Zeit.
  • Datengrundlage: Viele klassische Methoden setzen umfangreiche Marktdaten voraus, die für kleine Unternehmen oft nicht verfügbar oder zu teuer sind.
  • Komplexitätsfalle: Theoretische Modelle berücksichtigen selten die spezifischen Dynamiken eines gewachsenen Teams mit all seinen informellen Strukturen und impliziten Regeln.
  • Umsetzungslücke: Selbst wenn eine Strategie entwickelt wird, scheitert sie oft an der Implementierung, weil der Alltag wieder die Oberhand gewinnt.
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Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Handwerksbetrieb mit 15 Mitarbeitenden investierte viel Zeit in einen klassischen Strategieprozess mit externer Beratung. Das Ergebnis war ein 40-seitiges Dokument, das nach dem Strategieworkshop in der Schublade verschwand, weil niemand wusste, wie die theoretischen Konzepte im hektischen Tagesgeschäft umgesetzt werden sollten. Viel Wind um nichts.

 

 

Der systemdynamische Ansatz: Strategie mit Tiefgang

Was aber mach den systemischen Ansatz so anders? Er unterscheidet sich fundamental von klassischen Methoden: statt nur auf Zahlen, Daten und Fakten zu schauen, nimmt er das gesamte Unternehmenssystem in den Blick:

  • Die sichtbaren Elemente: Produkte, Dienstleistungen, Prozesse, Finanzen
  • Die unsichtbaren Dynamiken: Beziehungen, Werte, Unternehmenskultur, implizite Regeln
  • Die Wechselwirkungen: Wie verschiedene Teile des Systems sich gegenseitig beeinflussen
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Besonders wertvoll ist dieser Ansatz, weil er die tieferliegenden Muster aufdeckt, die den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflussen, aber in klassischen Strategieprozessen oft übersehen werden.

 

 

Die zwei Säulen der systemdynamischen Strategiefindung

1. Systemische Aufstellungen

Systemische Aufstellungen sind ein kraftvolles Instrument, um verborgene Dynamiken und Blockaden im Unternehmen sichtbar zu machen. Dabei werden Personen oder Objekte als Repräsentanten für Elemente des Unternehmenssystems (Abteilungen, Produkte, Märkte, Ziele etc.) im Raum positioniert.

Die Methode ermöglicht es:

  • Unbewusste Muster und Zusammenhänge (!) zu erkennen
  • Versteckte Ressourcen aufzuspüren
  • Blockaden zu identifizieren
  • Lösungswege zu visualisieren
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2. Best Practice Modelling

Beim Best Practice Modelling werden erfolgreiche Strategien und Vorgehensweisen analysiert und auf die spezifische Situation Deines Unternehmens übertragen. Dabei geht es nicht um bloßes Kopieren, sondern um das Verstehen der zugrundeliegenden Erfolgsprinzipien.

Dieser Ansatz:

  • Spart Zeit durch Lernen von bewährten Methoden
  • Reduziert Risiken durch erprobte Lösungsansätze
  • Beschleunigt die Implementierung
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Der 4-Schritte-Prozess zur optimalen Unternehmensstrategie

Schritt 1: Systemische Bestandsaufnahme

Im ersten Schritt geht es darum, ein umfassendes Bild der aktuellen Situation zu gewinnen – und zwar nicht nur der offensichtlichen Faktoren, sondern auch der verborgenen Dynamiken.

Praktische Umsetzung:

  • Interviews mit Schlüsselpersonen
  • Analyse der Unternehmensgeschichte und -kultur
  • Identifikation von Mustern und wiederkehrenden Herausforderungen
  • Erstellung einer „Systemlandkarte“ des Unternehmens
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Typische Erkenntnis: Oft zeigt sich in diesem Schritt, dass vermeintliche Probleme (z.B. Vertriebsschwäche) nur Symptome tieferliegender Dynamiken sind (z.B. unklare Positionierung oder Rollenverteilung).

 

 

Schritt 2: Aufstellung und Mustererkennung

In diesem Schritt werden systemische Aufstellungen genutzt, um die unsichtbaren Kräfte im Unternehmen sichtbar zu machen und zu verstehen, welche Strategieoptionen im Einklang mit dem Gesamtsystem stehen.

Praktische Umsetzung:

  • Aufstellung der aktuellen Unternehmenssituation
  • Identifikation von Blockaden und Ressourcen
  • Test verschiedener strategischer Optionen im aufgestellten System
  • Erkennen von Widerständen und förderlichen Faktoren
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Wichtig: Eine Aufstellung ist kein esoterisches Ritual, sondern ein strukturierter Prozess, der implizites Wissen zugänglich macht und komplexe Zusammenhänge visualisiert.

 

 

Schritt 3: Integration von Best Practices

Nachdem die systemischen Muster erkannt wurden, werden erfolgreiche Strategieansätze identifiziert, die zu Deinem spezifischen Unternehmenssystem passen.

Praktische Umsetzung:

  • Analyse erfolgreicher Strategien in vergleichbaren Unternehmen
  • Identifikation der zugrundeliegenden Prinzipien
  • Anpassung an die spezifische Situation Deines Unternehmens
  • Entwicklung eines maßgeschneiderten Strategieansatzes
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Schritt 4: Implementierung mit systematischer Begleitung

Der entscheidende Unterschied: Die Strategie wird nicht einfach formuliert und dann sich selbst überlassen, sondern ihre Umsetzung wird systematisch begleitet.

Praktische Umsetzung:

  • Entwicklung eines praxisnahen Implementierungsplans
  • Regelmäßige Reflexionsschleifen
  • Anpassung bei auftretenden Widerständen
  • Integration der Strategie in die täglichen Routinen und Entscheidungsprozesse
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Die häufigsten Strategiefallen – und wie Du sie vermeidest

Falle 1: Die Copy-Paste-Strategie

Viele Unternehmen versuchen, erfolgreiche Strategien anderer Firmen zu kopieren, ohne die zugrundeliegenden systemischen Unterschiede zu berücksichtigen.

Lösung: Der systemdynamische Ansatz zeigt, dass jedes Unternehmen ein einzigartiges System ist. Statt Strategien zu kopieren, geht es darum, die Erfolgsprinzipien zu verstehen und auf Dein spezifisches System anzupassen.

 

Falle 2: Die Zahlen-Fixierung

Klassische Strategieprozesse konzentrieren sich oft zu stark auf Zahlen und Kennzahlen, während die „weichen Faktoren“ vernachlässigt werden.

Lösung: Die systemdynamische Strategiefindung berücksichtigt sowohl harte als auch weiche Faktoren und zeigt ihre Wechselwirkungen auf.

 

Falle 3: Die Umsetzungslücke

Viele Strategien scheitern nicht an ihrer Qualität, sondern an der mangelnden Umsetzung im Alltag.

Lösung: Der systemische Ansatz integriert die Implementierung von Anfang an und berücksichtigt mögliche Widerstände bereits in der Strategieentwicklung.

 

Praktische Tipps für Deinen Einstieg in die systemdynamische Strategiefindung

 

Beginne mit Selbstreflexion: Bevor Du externe Hilfe suchst, reflektiere selbst über die systemischen Muster in Deinem Unternehmen. Welche wiederkehrenden Herausforderungen gibt es? Wo entstehen immer wieder ähnliche Probleme?

 

Nutze einfache systemische Fragen: Statt „Wer ist schuld?“ frage „Was trägt zur Entstehung dieses Musters bei?“ oder „Welche Funktion könnte dieses Problem im System haben?“

 

Visualisiere Dein System: Zeichne eine einfache „Systemlandkarte“ Deines Unternehmens mit allen wichtigen Elementen und ihren Beziehungen zueinander.

 

Schaffe Reflexionsräume: Reserviere regelmäßig Zeit, um aus dem operativen Hamsterrad auszusteigen und die strategische Perspektive einzunehmen.

 

Suche professionelle Unterstützung: Für tiefergehende systemische Arbeit und Aufstellungen ist eine erfahrene Begleitung wertvoll, die den Prozess strukturiert und Dich durch die Komplexität führt.

 

Der systemdynamische Ansatz ist besonders wertvoll für kleine und mittelständische Unternehmen mit 5-20 Mitarbeitenden, da hier die persönlichen Dynamiken und informellen Strukturen einen besonders großen Einfluss haben. Zudem bietet er einen pragmatischen Weg zur Strategieentwicklung, der den begrenzten Ressourcen dieser Unternehmen Rechnung trägt.

Besonders in Zeiten zunehmender Komplexität und Unsicherheit bietet der systemische Blick einen entscheidenden Vorteil: Er hilft Dir, Dein Unternehmen als lebendiges System zu verstehen und zu führen – mit einer Strategie, die nicht nur auf dem Papier gut aussieht, sondern tatsächlich gelebt werden kann.